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Die datenschutzkritische Spackeria ist ja schon länger ein Thema... da komm ich nicht umhin, auch mal meinen Braindump dazu ins Netz zu pusten ;-)

Einen der Hauptgedanken versteh ich ja als "Wenn man schon Daten ins Netz stellt, dann sollte man sich auch nicht wundern, wenn sie benutzt werden", bzw. sobald Daten irgendwie die eigene Kontrolle verlassen (z.B. auch an Bekannte weitergegeben werden), ist es letztendlich immer möglich, dass sie öffentlich im Netz landen.

Eigentlich ist das Problem mit den freilaufenden Daten ja gar nicht so neu.

Wenn man mal einen Vergleich aufbaut, hat man das auch bei ganz normaler Kommunikation: Person A erzählt Person B von Dingen. Wenn das einfach nur belangloses/unwichtiges Zeug ist, ist es auch egal, ob es weitererzählt wird. Wenn es sich bei den Dingen aber um irgendetwas privates handelt, sollte Person A schon sehr gut wissen, wem sie es erzählt und wem nicht. Und muss im Zweifelsfall auch damit rechnen, dass die Informationen trotzdem (ggf. noch verändert) weitergetragen werden und z.B. Gerüchte entstehen. Und dass man solche Gerüchte nicht "löschen" kann, sollte klar sein.

Heutzutage: Person A lädt z.B. Bilder für Person B hoch. Auch hier muss sie sich (wenn es potentiell kompromittierendes Material ist) darauf verlassen, dass diese Bilder bei Person B bleiben. Auch hier kann es passieren, dass diese Bilder plötzlich an weitere Personen verbreitet werden und letztendlich "im Internet" landen. Wo man sie, wie hoffentlich jeder weiß, auch nicht mehr rauskriegt (irgendwer hat immer 'ne Kopie gespeichert). Und auch hier können die Bilder verändert ("gephotoshoppt") werden, womit wir dann bei Gerüchten wären.

Von daher: Sobald ich die alleinige Kontrolle über irgendetwas, sei es nun Gedankengut (reale Unterhaltung) oder Daten (Bilder, Videos, whatever) mit Anderen teile, besteht immer die Gefahr, dass diese Anderen mein Vertrauen verletzen und die Daten weiter tragen, als ich will. Es steht jedem selbst frei, zu entscheiden, bei welchen Daten und Personen(gruppen) er dieses Risiko eingeht, und bei welchen er es lieber sein lässt.

Leute dürfen gerne Youtubevideos oder peinliche Partybilder hochladen und als privat / nur einer gewissen Personengruppe zugänglich markieren. Es muss nur zum Allgemeinwissen werden, dass es in solchen Fällen verdammt leicht passieren kann, dass die Bilder dann plötzlich sonstwo landen und dort auch nie und nimmer mehr wegzukriegen sind. Wenn allen Leuten dieses Risiko bewusst ist, werden wir vielleicht auch direkt weniger Datenschutzdrama haben :-)

Was natürlich hilft, ist, Daten direkt für alle öffentlich zu machen. Das ist dann ein anderer Post-Privacy-Gedanke, dass irgendwann einfach sämtliche Daten öffentlich sind, und wenn jeder Mensch peinliche Sachen im Netz stehen hat, ist es für den einzelnen auch egal, da gesellschaftliche Norm. Aber bis sich unsere Gesellschaft dahin entwickelt (wenn sie es denn tut), wird es vermutlich noch ziemlich lange dauern. Von daher empfehle ich dringend, damit jetzt noch nicht anzufangen ;-)

Ein Problem hätte mein Vergleich übrigens: Dateneinbruch.

Gedanken kann niemand aus meinem Kopf stehlen, Daten von meinem PC allerdings sehr wohl. In dem Fall kann man allerdings auch nur zwei Dinge tun — Hoffen, dass die meisten Menschen den Anstand haben, nicht in fremde Systeme einzubrechen und Daten kopieren ("stehlen" ja i.d.r. nicht), und selber seine Systeme sichern. Aber das ist dann wieder ein anderes Problem.

Um bei diesem ganzen Geschwurbel mal zu 'nem Punkt zu kommen: Post-Privacy und die Spackeria sind überhaupt nichts Neues, das Problem, dass Gedanken/Daten in fremde Hände kommen können, wenn man die Kontrolle darüber abgibt, ist uralt. Es wird endlich Zeit, dass die Menschheit sich damit abfindet, anstatt rumzuweinen.

Ich selbst tendier ja auch in Richtung post-privacy, zumindest findet man auf about auch meine Tweets, Software und meinen Musikgeschmack. Und via PGP und die Web2.0-Seiten auch sehr schnell mein soziales Umfeld. Über last.fm kann man sogar grob darauf schließen, wann ich aufstehe und wann ins Bett gehe. So what?